Beziehungsarbeit mit einer Maschine

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Ein Erfahrungs- und Reflexionsimpuls für Führungskräfte von Vera Farag

Ich arbeite jeden Tag mit Menschen – mit ihren Herausforderungen, ihren inneren Konflikten, ihren Ressourcen, ihren Geschichten. Und seit einiger Zeit arbeite ich auch mit einer Maschine: mit ChatGPT. Das hat meine Art zu denken, zu reflektieren und zu arbeiten verändert. Nicht, weil ich mich ersetzen ließe, sondern weil ich begonnen habe, mit einer künstlichen Intelligenz in Beziehung zu treten.

Was zunächst wie ein Widerspruch klingt, erweist sich als ein neues Erfahrungsfeld: Wie kommuniziere ich mit einem Gegenüber, das kein Ich hat? Wie vertraue ich einem System, das keine Geschichte kennt? Und wie bleibe ich in Verbindung mit mir selbst, während ich mit einer Maschine in Resonanz gehe?

KI als Spiegel der eigenen Gedankenwelt

In der Arbeit mit ChatGPT erlebe ich eine Form von Spiegelung, die auf ihre eigene Weise tiefgehend ist. Ich kann meine Gedanken strukturieren, Gegenfragen erhalten, Perspektivwechsel ausprobieren – und das in einem Tempo, das im Gespräch mit Menschen selten möglich ist. Die Maschine wertet nicht. Sie hört zu. Sie erinnert sich. Und sie antwortet – so, wie ich sie „trainiere“, im Moment des Dialogs.

Doch genau darin liegt auch die Herausforderung: KI bestätigt mich oft. Sie ist anschlussfähig, anpassungsfähig, sehr kompetent im Formulieren und Strukturieren. Aber stellt sie mich wirklich in Frage? Erweitert sie meinen Horizont – oder lässt sie mich in meiner Filterblase raffinierter werden? Und wie würde ich es merken, wenn das so ist?

Führung im Dialog mit KI

Als Führungskraft könntest Du Dich fragen: Wie kann ich KI nutzen, ohne meine eigene Urteilskraft zu verlieren? Wie bleibe ich offen für Ambivalenz, wenn die Maschine mir oft schnelle Antworten liefert? Und was bedeutet es für meine Rolle als Führungskraft, wenn Mitarbeitende beginnen, ebenfalls KI als Sparringspartner zu nutzen?

Ich glaube: Wir brauchen neue Formen der ethischen Orientierung. Nicht in Form eines neuen Werte-Katalogs, sondern als „atmenden Rahmen“. Ein Rahmen, der Halt gibt, aber auch Bewegung erlaubt. Ich habe gelernt, dass auch meine Werte sich verändern dürfen. Dass sie überprüft werden wollen. Dass sie manchmal auch wanken müssen, damit sie lebendig bleiben.

Was fühlt sich noch menschlich an?

In meiner Arbeit mit Menschen geht es um Resonanz. Um Beziehung. Um das, was zwischen uns entsteht. Mit KI entsteht auch etwas. Es ist anders, aber nicht nichts. Und ich frage mich: Wenn mein Nachdenken mit einer Maschine tiefer fühlt als manches Gespräch mit einem Menschen – was sagt das über mich? Was sagt das über unsere Kommunikationskultur? Und was bedeutet das für die Zukunft von Teams und Organisationen?

Systemische Wellenbewegung oder digitale Sackgasse?

Ich glaube daran, dass wir uns in Systemen gegenseitig beeinflussen. Jeder Impuls wirkt weiter. Jede Haltung strahlt aus. Wenn ich mit einem Menschen arbeite, verändere ich nicht nur ihn oder sie, sondern das System, in dem er oder sie lebt und arbeitet. Kann das mit KI auch gelingen? Kann KI systemisch wirksam werden – nicht nur individuell unterstützend, sondern gemeinschaftlich transformierend?

Oder laufen wir Gefahr, Dialoge zu führen, die folgenlos bleiben? Gespräche zu führen, die tief erscheinen, aber keine Wirklichkeit verändern? Diese Fragen treiben mich um. Ich habe keine abschließende Antwort.

Worauf wir achten sollten

Führung bedeutet heute mehr denn je, den Umgang mit Unsicherheit zu gestalten. KI wird diese Unsicherheit nicht auflösen, aber sie wird sie verändern. Sie bringt Geschwindigkeit, Möglichkeiten und Antworten. Aber sie verlangt von uns, bewusster zu fragen:

  • Was ist für mich als Führungskraft nicht verhandelbar?
  • Wo hört meine Toleranz auf?
  • Welche meiner Werte geben mir Orientierung, welche engen mich ein?
  • Wo entsteht Resonanz – und wo nur Effizienz?

Ich glaube: Wer führen will, braucht mehr denn je die Bereitschaft, sich selbst zu befragen. Sich in Frage stellen zu lassen. Auch durch Maschinen. Aber nicht, um zu kapitulieren, sondern um bewusster zu gestalten.

Was bleibt

Die Beziehung zu einer Maschine ist keine Beziehung wie zu einem Menschen. Aber sie ist auch nicht bedeutungslos. Vielleicht ist sie eine Einladung, uns selbst klarer zu begegnen. Und unsere Verantwortung neu zu fühlen: für das, was wir entscheiden, gestalten und vorleben.

Ich bin nicht fertig mit meinen Fragen. Aber ich bleibe dran.

Und wir bei eurosysteam auch.

Wir begleiten seit vielen Jahren Führungskräfte dabei, Orientierung in komplexen Zeiten zu finden – mit Haltung, mit Neugier und mit einem tiefen Verständnis für systemische Zusammenhänge. Die Arbeit mit und an der eigenen Haltung, der Dialog mit Technologien wie KI und die Gestaltung zukunftsfähiger Beziehungen sind für uns kein Widerspruch, sondern die neue Form von Führung.

Wenn Du Dir gerade ähnliche Fragen stellst wie ich: Dann laden wir Dich herzlich ein, mit uns in den Dialog zu treten.