Oversharing

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„Sorry, dass es bis jetzt so ruhig um mich war und noch keine würdigende Reaktion von meiner Seite auf Deine beiden Mails kam. Musste meine Tochter gestern um 12 Uhr von der Grundschule abholen, da sie gestürzt war. Im Klinikum stellte sich raus, dass sofort operiert werden musste – Ellenbogen blöd gebrochen. Irgendwo zwischen OP-Schleuse und Ambulanz-Funkloch kamen Deine Nachrichten in den Posteingang – und wir aber erst um 20 Uhr wieder nachhause. Wir haben gerade einen Lauf 🙂“

Ist das nicht ein bisschen viel Privates in einer Mail an eine Neukundin?

Grenzt das nicht an „Oversharing“? Die Information braucht doch Deine Geschäftspartnerin nicht von Dir! Stimmt alles. Die Definition von „Oversharing“ im Oxford English Dictionary lautet: „To reveal an inappropriate amount of detail about something, esp. one’s personal life.” Wäre also die Frage: Ab wann ist etwas „inappropriate“? IKK classic meint dazu: „Wo Oversharing beginnt, lässt sich nicht pauschal sagen. Es kommt immer auf die individuelle Wahrnehmung, den Kontext und die Beziehung zum Gegenüber an. Manchmal macht es sympathisch, private Details zu teilen, manchmal wirkt es überfordernd.“

Warum erzähle ich das alles?

In den letzten Wochen war der gebrochene Ellenbogen meiner Tochter Anlass für viele, viele herzerwärmende Erlebnisse von Gemeinschaft, Mitgefühl, Empathie, persönlicher Zuwendung und Zusammenhalt. Und diese Erfahrung tut so gut, gerade dann, wenn die aktuelle Weltlage in vielen von uns täglich innere Schmerzen verursacht. Ich glaube, dass Menschen etwas von sich preisgeben müssen, damit Begegnung, Beziehung, Gemeinschaft, Zusammenhalt und Herzenswärme stattfinden können. Natürlich braucht es immer wieder ein Abwägen, was das jeweils adäquate Maß ist. Das darf jede*r für sich tun und muss gleichzeitig gar nicht ausschließlich allein reflektiert werden. Verunsicherung diesbezüglich darf auch mal geteilt werden.

Das kann wiederum Nähe schaffen.