Natürliche Intelligenz

Natürliche Intelligenz

Peter Fischer

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Natürliche Intelligenz – ein Debatten-Beitrag.

Die Zukunft von Organisationen und Führung ist klar: Wir haben einen Wendepunkt hinter uns, so dass die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) nicht mehr optional ist, sondern zur strategischen Notwendigkeit geworden ist. Doch die Herausforderung geht weit über die bloße Implementierung von KI-Technologien hinaus. Vielmehr geht es darum, die einzigartigen menschlichen Fähigkeiten zu bewahren und zu stärken. Genau hier liegt die große Aufgabe für Führungskräfte, Teams und Organisationen.

Was ist das Gegenteil von Künstlicher Intelligenz?

In unserer Diskussion über KI sprechen wir immer wieder über ihre erstaunlichen Fähigkeit, über Datenschutz und kreative Power, oder den Einsatz in praktisch jedem Lebensbereich. Wir sprechen aber auch immer wieder davon, dass es eben auch Dinge gibt, die die KI nicht leisten kann – zumindest noch nicht. Aber was heisst das für uns, die wir diese Fähigkeiten haben. Wir haben sie lange für selbstverständlich gehalten, im Berufsleben sogar oft unterdrückt. (Emotionaliät raushalten! Keine Bauch-Entscheidungen! Kein soziales Gedöns!). Im Rahmen unserer kollektiven Betrachtung von künstlicher Intelligenz im Mainstream gesellschaftlicher Entwicklung (insbesondere in Unternehmen) schlagen wir nun “natürliche Intelligenz“ als nicht-wissenschaftlichen, aber intuitiven Begriff vor.

Wir sehen diesen Begriff als Container für Fähigkeiten, die uns von künstlicher Intelligenz differenzieren und die menschliche Interaktion bereichern. Manche dieser Fähigkeiten können von einer KI zwar imitiert, aber nicht wirklich erlebt werden. Um den Begriff greifbarer zu machen, wollen wir ihn mit beispielhaften Inhalten füllen. Wie gesagt: Kein Anspruch auf Wissenschaftlichkeit oder Vollständigkeit. “Natürliche Intelligenz“ lässt sich unserer Beobachtung nach unterteilen in die soziologischen Dimensionen Ich- und Wir-Fokus

Natürliche Intelligenz mit ICH-Fokus
  1. Veränderungs-Fähigkeit
    Lernen, kritisches Denken, Verändern von Mustern und sich selbst, Probleme erkennen und lösen
  2. Instinkt und Intuition
    Bauchgefühl, Ideen, Spontanität, Witz, Brechen von Regeln und Ritualen
  3. Mut
    Handlungs-Impulse, Umgang mit Rückschlägen und Fehlern, Stress-Bewältigung, Resilienz
  4. Subjektivität
    Anerkennen des eigenen Beobachtungs-Standpunkts und individueller Prägungen
  5. Körperlichkeit und Sinneswahrnehmung:
    Sensibilität, Spüren und Anerkennen von Spannungen und Stimmungen
Natürliche Intelligenz mit WIR-Fokus
  1. Menschliche Beziehungen
    Vertrauen, Gemeinsame Historie, Umgang mit Offenheit und Vertraulichkeit, Verbundenheit und Gemeinschaft
  2. Systemisches Denken
    Abhängigkeiten, Ambiguitäten, Muster und Wechselwirkungen erkennen
  3. Soziale Systeme
    Freundschaft, Liebe, Wertschätzung, Dankbarkeit, Solidarität, Gruppendynamik
  4. Emotionale Intelligenz
    Empathie, Mitgefühl, Umgang mit Emotionen, Wertschätzung, soziales Interesse, Hilfsbereitschaft
  5. Gerechtigkeit
    Ehrlichkeit, Fairness, Verantwortungsbewusstsein, Rücksichtnahme, Integration / Anti-Diskriminierung

Führungskräfte müssen verstehen, dass der Einsatz von KI nicht bedeutet, dass diese menschlichen Fähigkeiten an Bedeutung verlieren. Im Gegenteil: Sie werden immer wichtiger. In einer Welt, in der viele Aufgaben automatisiert werden, wird die „natürliche Intelligenz“ das bleiben, was uns als Menschen differenziert und entscheidende Wettbewerbsvorteile schafft.

Die neuen Aufgaben von Organisationen und Führungskräften im Bereich Natürliche Intelligenz
  1. Veränderungsfähigkeit fördern:
    Der Einsatz von KI bringt unweigerlich Veränderungen mit sich. Führungskräfte müssen sich selbst und ihre Teams darauf vorbereiten, alte Muster zu hinterfragen und offen für neue Wege zu sein. Diese Fähigkeit, sich anzupassen und proaktiv Veränderungen zu gestalten, wird zur entscheidenden Kompetenz der Zukunft.
  2. Instinkt und Intuition nutzen:
    Während KI datengetrieben arbeitet, bleiben Instinkt und Bauchgefühl für viele Führungsentscheidungen unerlässlich. Besonders in unsicheren und komplexen Situationen, in denen es keine klaren Antworten gibt, wird der Wert dieser menschlichen Fähigkeiten sichtbar.
  3. Subjektivität anerkennen:
    Die Stärke von Teams liegt oft in ihrer Vielfalt – in den unterschiedlichen Erfahrungen, Sichtweisen und Hintergründen der einzelnen Mitglieder. KI kann Daten analysieren, aber sie kann keine subjektiven Empfindungen oder kulturellen Prägungen berücksichtigen. Diese menschliche Dimension ist entscheidend für eine ganzheitliche Entscheidungsfindung.
  4. Emotionale Intelligenz stärken:
    In Zeiten von KI darf der Fokus auf menschliche Beziehungen und Empathie nicht verloren gehen. Führungskräfte sind gefordert, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Vertrauen, Offenheit und Wertschätzung im Mittelpunkt stehen. Teams, die auf dieser Basis arbeiten, werden resilienter und innovativer sein – eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg in der digitalisierten Arbeitswelt.
Werkzeug oder Kollegin?

Um die Frage, ob KI eher als Werkzeug oder als Kollegin angesehen werden kann, ist eine Debatte entstanden, die teilweise leidenschaftlich geführt wird. Auch wir hatten dazu gerade einen Blog-Beitrag. Unabhängig davon gilt doch aber: KI sollte nicht als Bedrohung, sondern als Ergänzung verstanden werden. Ob wir als Team ein tolles neues Tool bekommen oder ein neues Team-Mitglied: Wir sollten uns freuen über die Ergänzung unserer Ressourcen, egal wie anders diese Ergänzung zu unserem bestehenden Set an Fähigkeiten (Natürliche Intelligenz!) ist.

Die besten Ergebnisse werden dann erzielt, wenn Menschen und Maschinen zusammenarbeiten, egal ob in monotonen, kreativen, sensiblen oder kommunikativen Aufgaben. Die große Aufgabe für Führungskräfte wird es sein, das Finden der Balance und neuen Ko-Existenz und Kooperation zu…(welches Verb muss jetzt kommen? Steuern, leiten, einzufordern?) …zu moderieren.

Über den Erfolg von Organisationen wird entscheiden, wie gut sie die einzigartige Stärke der „Natürliche Intelligenz“ und ihre Stärken mit der künstlichen Intelligenz verbinden und die daraus entstehenden Synergien nutzen. Eine Mammut-Aufgabe. Lasst uns die Ärmel hochkrempeln.

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Zum Foto: Auch tierische und sogar pflanzliche Intelligenz wird inzwischen breit erforscht. Unser Foto zeigt eine grüne Meeresschildkröte (Chelonia mydas) am Strand von Curaço. Wir haben diese Foto gewählt, weil das Türkis des Wassers mal wieder exakt unserer CI-Farbe entspricht und vor allem weil das Foto von unserer Kollegin Melanie Gohde stammt.